Denn Sie wissen nicht,
was Sie tun

Die Verhandlung ist nicht nur zentraler Aspekt unserer Demokratie und unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, sie ist auch Grundkonstante des Mensch-Seins an sich. Warum Verhandlungen die Triebfeder von Fortschritt und Entwicklung ist und welche Chancen Mut zur Verhandlung bieten, lesen Sie hier.

Was bedeutet es zu verhandeln?

Eine Verhandlung zu führen, bedeutet zunächst nichts anderes als einen Dialog zu führen. Im Unterschied zu alltäglicher Kommunikation sind Verhandlungen aber immer zielgerichtet, sie wollen ein vorteilhaftes Ergebnis zwischen zwei oder mehreren Parteien und schlussendlich eine Einigung erzielen.

Verhandeln als menschliche Grundkonstante

Verhandeln ist grundlegende Eigenschaft von sozialer Interaktion. Menschen verhandeln, seit sie sprechen können (also seit ca. 150.000 Jahren), um Ihre Anforderungen und Bedürfnisse mit Ihrer sozialen Umwelt in Einklang zu bringen. Auch Sie verhandeln tagtäglich: Welche Serie soll heute Abend mit Ihrer Partnerin/Ihrem Partner geschaut werden? Wie lange dürfen Ihre Kinder aufbleiben? Wie viele Tage dürfen Sie im Homeoffice arbeiten? All das sind Verhandlungen zwischen Ihren Bedürfnissen und jenen Ihrer Umwelt.

Die Verhandlung ist allgegenwärtig und sie macht uns zu dem sozialen Wesen Mensch, der wir nun einmal sind. Verhandlungen bewirken Fortschritt und Wachstum in unserer Gesellschaft, gerade durch die Gegenüberstellung unterschiedlicher Vorstellungen lernen wir unser Gegenüber besser kennen und werden durch konträre Meinungen mit neuen Ideen konfrontiert. Diese müssen wir nicht immer gut finden, aber ein Nachdenken über sie erweitert unseren Horizont. Gerade unsere westliche, demokratische Gesellschaft verbessert sich durch die konstante Verhandlung unterschiedlicher Interessen.

Ohne Verhandlung keine Demokratie

Einigungen zu erzielen ist ein zentrales Element unserer demokratischen Grundordnung. Alle relevanten Themen unseres Rechtsstaats und unseres Wirtschaftslebens sind letztendlich das Ergebnis von Übereinkünften nach Verhandlungen. So sind etwa für uns so selbstverständliche Begriffe und Dinge wie Staatsgrenzen, Bundesgesetze, aber auch jede Art von wirtschaftlichen Verträgen zwischen Staaten und Unternehmen, zwischen Unternehmen und zwischen Konsumenten und Unternehmen erst nach Verhandlungen entstanden. Erst die Thematisierung und Anerkennung der unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse im Rahmen einer Verhandlung macht eine Einigung zwischen unterschiedlichen Parteien auf gemeinsame Wertevorstellungen und Ideen möglich. Deshalb sollte nicht nur die Einigung und Übereinkunft, der Konsens mit positiven Gefühlen in Verbindung gebracht werden, sondern auch die Verhandlung, die diese Prozesse überhaupt erst möglich macht.

Schlechter Ruf

Trotz des einmaligen Stellenwertes, den Verhandlungen in unserem Leben und unserer Umwelt einnehmen, wird die Verhandlung oft negativ bewertet und mit Hierarchie und Machtausübung assoziiert. Druck, Manipulation unter allen Umständen gewinnen wollen und verlieren, sind meist die ersten Begriffe, die Menschen mit Verhandeln in Verbindung bringen. Exemplarisch dafür ist die geschäftliche Verhandlung, an die Menschen meist zuerst denken. Verhandlungen, bei denen unterschiedliche Interessen offengelegt werden, bergen immer auch die Gefahr von Konflikten, denen Menschen grundsätzlich skeptisch entgegenblicken. Angst vor Konflikten muss allerdings nur derjenige haben, der keine Handlungsalternativen hat oder der nicht bereit ist der Gegenseite zuzuhören und auf deren Interessen und Bedürfnisse einzugehen.

 

Verhandeln als Chance begreifen

Verhandeln und Konflikte sind eine Chance, die eigenen und die fremden bewussten und unbewussten Interessen und Bedürfnisse zu thematisieren und offenzulegen. Durch diese Offenlegung wird ein Perspektivenwechsel möglich und das eigene, manchmal festgefahrene Weltbild kann konstruktiv erweitert werden, Handlungsoptionen können offenbart werden. Deswegen: Keine Angst vor dem Verhandeln, egal in welcher Situation Sie werden davon profitieren, wenn Sie sich darauf einlassen!

Autor: Bernd Schnabl