Die Mutter der Verhandlungen:
Die Verhandlung mit uns selbst

Mittlerweile sind sich die meisten Menschen einig darüber, dass wir uns inmitten einer veritablen Krise befinden. Jede Krise hat ihre eigenen Regeln, gemeinsame haben sie jedoch zwei essenzielle Faktoren. Erstens wird zunehmend klar, dass die Rezepte und Erfahrungen der Vergangenheit keine Konstante mehr für die Zukunft darstellen. Zweitens, dass die planbare und bereits antizipierte Zukunft noch vor ihrem Eintreten kollabiert ist. Jetzt stehen wir hier, genau im Angesicht der gegenwärtigen Situation, ohne Option, die Vergangenheit zurate zu ziehen oder uns in zukünftigen Planungen zu verlieren. Es gibt viel Spekulation, aber keine klaren Antworten, viel Angst, aber keinen sicheren Trost, viel Hoffnung, aber keine Sicherheit.

Massive Änderungen, ob mit oder ohne Widerstand

Genau in solchen Situationen wenn man reduziert ist, wenn es niemanden gibt, der verlässliche Antworten hat, genau hier befindet man sich in der absoluten Verdichtung des Lebens. Krisenerprobte Menschen kennen diesen Zustand, der eintritt, wenn man einen nahen Angehörigen verliert oder eine niederschmetternde medizinische Diagnose bekommt. Genau den Moment, in welchem man erkennt, dass es, egal ob man Widerstand leistet oder nicht, zu einer massiven Änderung im Leben kommen wird.

Die einzigartige und letztgültige Freiheit

Dies ist der Punkt, an dem wir mit uns selbst verhandeln. In welchem wir von Angst zu Euphorie wechseln, vom Hadern zur Akzeptanz und wieder zurück. Wir verhandeln mit uns selbst, ob wir die Situation als annehmbar anerkennen, und merken am Ende, dass diese Situation einfach gegeben ist, ungeachtet dessen, ob wir sie akzeptieren.

Wenn wir es wie Viktor Frankl halten möchten, dann gibt es für den Menschen eine einzigartige und letztgültige Freiheit. Er sagte damals im Angesicht der Hölle der deutschen Konzentrationslager, dass es zwischen Reiz und Reaktion einen Raum gebe und dieser Raum ist unsere wahre Freiheit sei. Wir haben Reize im Außen und wir sind mit einer Welt konfrontiert die nicht plan- oder berechenbar ist, aber es liegt an uns, was dieser Umstand mit uns macht. Diesem Beispiel folgend, übernehmen wir sukzessive die Verantwortung für unser Fühlen und unser Handeln und gewinnen somit wieder ein großes Stück unserer persönlichen Wirkmacht zurück.

Hier beginnt die Verhandlung mit uns selbst einen neuen Verlauf zu nehmen. Wir akzeptieren, was ist, wir trennen das Wesentliche von Unwesentlichem. Wir sortieren, was wir in der Hand haben und was nicht und konzentrieren unsere Energie nur mehr auf die Dinge, die wir gestalten und beeinflussen können. Ist das einfach? Sicher nicht, dies sind die schwierigsten Verhandlungen im Leben eines Menschen, es sind aber zeitgleich auch die nachhaltigsten und lohnenswertesten.

Nutzen Sie Ihre innere Stabilität

Durchlebt man solche Situationen bewusst und erkennt trotz aller Widrigkeiten die vielen Möglichkeiten, die sich bieten, dann macht das etwas mit uns. Wir enden nicht in Bitterkeit, Resignation oder kräfteraubendem Widerstand. Wir werden offener, demütiger und stärker. Es lässt uns reifen und gibt uns eine innere Stabilität. Eine Stabilität, die nicht mehr von äußeren Umständen abhängig sein wird und die uns unser restliches Leben begleitet.


In diesem Sinne wünschen wir Ihnen in dieser herausfordernden und fragilen Zeit alles erdenklich Gute. Gehen Sie behutsam mit sich in die Verhandlung, denn es wird nicht Ihre letzte sein.


Wir freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen!
Ihr En GardE Team

 

Autor: Bernd Schnabl, En GardE Verhandlungsexperte