Diese Strategien können wir von Top-Verhandlerinnen lernen
Sollten Frauen anders als Männer verhandeln? Gibt es bestimmte weibliche Strategien, die zum Verhandlungserfolg führen? Nein.
Frauen und Männer müssen gleichsam die richtigen Strategien und Verhandlungstaktiken einsetzen, um erfolgreich zu sein. Dennoch gibt es bestimmte Eigenschaften von Top-Verhandlerinnen, die besonders erfolgversprechend sind.
Von den Strategien dieser drei Verhandlungskünstlerinnen können sich alle ein Beispiel nehmen:
Aktives Zuhören lohnt sich!
Eine der besten Verhandlerinnen der Welt ist die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sticht vor allem durch ihre außergewöhnliche Gabe hervor, zuhören zu können. Typischerweise begibt sich Merkel in Verhandlungen am liebsten in die Rolle der aktiven Zuhörerin und sammelt so wertvolle Informationen über die Interessen ihres Gegenübers. Man sagt, dass Merkel in Verhandlungen etwa 80% der Zeit mit Zuhören verbringt. Darüber hinaus ist Angela Merkel in Verhandlungssituationen für ihr Durchhaltevermögen und ihre Sachlichkeit bekannt. Auch in Gesprächen mit schwierigen Gesprächspartnern wie Donald Trump oder Wladimir Putin verzichtet sie auf unüberlegte Reaktionen und verfolgt weiterhin geduldig ihr Verhandlungsziel. Dieses erreicht sie regelmäßig trotz der Provokationen ihrer Kontrahenten durch ihr hohes Maß an emotionaler Kontrolle.
Fokussieren Sie auf die Sachebene!
Weil Ihr Mann gerade für die Senatswahl kandidierte und keine Zeit hatte, auf die kleine Sasha aufzupassen, musste Michelle Obama ihre Tochter zu einem Vorstellungsgespräch mitnehmen. Gleich zu Beginn des Job-Interviews stellte Obama folgende Bedingung: Flexible Arbeitszeiten und ein hohes Gehalt, um sich einen Babysitter leisten zu können. Die Reaktion des Arbeitgebers? Er erfüllte ohne Zögern alle Forderungen. Was machte nun die Verhandlungsstrategie von Michelle Obama so erfolgreich? Obama gelang es durch die Verbindung von Eigeninteressen (hohes Gehalt und flexible Arbeitszeiten) mit den Interessen Dritter (ihrer Familie) die Verhandlungen auf eine sachliche Ebene zu befördern. Die Folge war, dass sich die Verhandlungen nicht mit Positionen beschäftigten, sondern die Interessen der Beteiligten für alle Parteien sichtbar wurden und so ein effizientes Verhandlungsergebnis erzielt werden konnte.
Achtung vor Vorurteilen!
Bevor Ruth Bader Ginsberg 1993 zur Richterin am Supreme Court berufen wurde, befasste sie sich in den 1970er und 1980er Jahren mit zahlreichen Fällen im Bereich der Geschlechterdiskriminierung und brachte einige davon in Verhandlungen bis zum obersten Gerichtshof. Was sie zu einer exzellenten Verhandlerin machte, war vor allem ihre Empathie für ihre Klientinnen und Klienten, aber auch ihre Verhandlungspartner. Durch die Wahl eines wenig aggressiven Verhandlungsansatzes brachte sie im Laufe ihrer Karriere einige Vergleiche und Kooperationen zu Stande, die zum Verhandlungserfolg führten. Bader Ginsberg warnte auch zeitlebens vor der Gefahr von Vorurteilen. Diese haben laut ihr häufig einen negativen Einfluss auf das objektive Urteilsvermögen. Gehen Sie also immer mit einem unvoreingenommenen Blick in Ihre nächste Verhandlung.
Was können Sie sich also von diesen berühmten Beispielen für Ihre nächsten Verhandlungen abschauen?
- Bleiben Sie auch in schwierigen Gesprächssituationen geduldig und hören Sie Ihrem Gegenüber genau zu.
- Lernen Sie die Interessen Ihrer Gesprächspartnerinnen und -partner einzuschätzen und entwerfen Sie Handlungsalternativen, die zu Win-win-Situationen führen.
- Behalten Sie auch bei Provokationen einen kühlen Kopf und entschärfen Sie heikle Verhandlungssituationen durch eine Verbindung Ihrer Interessen mit den Interessen Dritter.
- Behalten Sie einen objektiven Überblick über die Verhandlung und meiden Sie Vorurteile.
Autor: Bernd Schnabl